
Seit fünfzehn Jahren setzen wir auch das Fahren in unserem HAP-Kontext ein – mit großem Erfolg.
Zunächst war es nur geplant als Begleitung bei großen Gruppen, damit niemand bei den Ausritten und Tagestouren mehr zufuß gehen muß. Oder als besonderes Ereignis (Geburtstagswunsch, Winterschlittenfahrten, o.ä.) bei den Reitstunden.
Im Laufe der Jahre jedoch stellte sich die besondere Qualität des gemeinsamen Kutschefahrens heraus. Jedes Mal nämlich waren alle begeistert und genossen das gemütliche ‚Geschuckelt werden‘ durch die Landschaft oder die rasante Geländefahrt mit dem Zweispänner oder eben das selbständige Lenken des Gespanns.
Und seit Jahren lautet der Geburtstagswunsch vieler unserer Reitkinder einhellig ‚Kutschefahren‘!
Daher setzen wir es inzwischen als eigenständiges Angebot gezielt für bestimmte Menschen oder Gruppen ein.
Z.B. wenn ein Mensch traumatische Reiterfahrungen gemacht hat, dann kann es in Einzelfällen quasi der Wiederannäherung ans Pferd dienen, denn der Fahrsport ist in diesem Fall häufig nicht so angstbesetzt wie das Reiten und das Pferd ist vor der Kutsche erstmal räumlich weiter entfernt, was Sicherheit gibt.
Eine typische andere Situation ist, wenn es in einer Reitgruppe ‚knirscht‘ und die Kinder/Jugendlichen nicht so richtig zueinander finden können. Auch hier hilft eine gemeinsame Kutschfahrt häufig weiter. Sie kann zu einem besseren gegenseitigen Kennenlernen und damit auch besseren Verständnis füreinander verhelfen. Denn das Pferd muss gemeinsam geputzt, aufgeschirrt und angespannt werden. Auf der Kutsche sitzt man dann eng beieinander und kann sich so auch räumlich viel besser unterhalten.
Zudem haben die Kinder, aber vor allem die Jugendlichen bestimmte Aufgaben, damit die Kutschfahrt sicher und entspannt für alle vonstatten gehen kann, zB. mit der Fahrkelle die Fahrtrichtung anzeigen, den Strassenverkehr beobachten, als BeifahrerIn das Pferd sichern bei den Stopps, u.a.m.
So eine gemeinsame Fahrstunde verhilft der Gruppe dadurch schneller zu einem ‚Wir‘-Gefühl.
Auch die Möglichkeit, selbst einmal die Leinen in die Hände zu nehmen und das Pferd selbständig zu fahren, probieren inzwischen viele Kinder und Jugendlichen aus und es erfüllt sie mit großem Stolz wenn es klappt. Es stärkt ihr Selbstbewusstsein, wenn sie ein Gespann und ihre MitfahrerInnen sicher durch die Landschaft oder sogar durch den Strassenverkehr kutschieren können.
Zuletzt ist es auch besonders für Menschen, die motorisch gehandicapt sind und denen dadurch das Reiten schwerfällt, eine gute Alternative für einen intensiven Pferdekontakt und für selbstbestimmtes Handeln mit dem Pferd.



Dies alles setzt natürlich ein Gespann voraus, das in allen Lebenslagen sicher ist und auch in kritischen Situationen nicht die Ruhe verliert. Es muss all‘ das vertragen, was beim normalen Kutschefahren nicht vorkommt, bzw. sogar explizit verboten ist, zB. Auf- und Absteigen während der Fahrt hinten über den Tritt oder das Trampeln mit den Füßen oder auch mal lauteres Rufen im Fond. Was auch immer passiert, die Pferde müssen in der Lage sein damit gelassen umzugehen. Zudem bedarf es ihrer besonderen Feinfühligkeit, damit sie auch auf schwache Hilfengebung der Kinder angemessen reagieren können.
Da unsere Pferde als Therapiepferde bereits einen Großteil dieser Fähigkeiten beherrschen, sind sie für das Heilpädagogische Fahren ideal einzusetzen und ermöglichen uns so diese Arbeit.
Im HPF (= Heilpädagogischen Fahren) gehen unsere Pferde überwiegend ohne Blendklappen, damit sie alles sehen und dementsprechend sicher handeln können.